Beantragung einer Psychotherapie

Die Beantragung einer Psychotherapie kann unterschiedlich aussehen. Generell kann man von zwei Runden sprechen, die man als Patient durchlaufen muss. Leider sind die Begriffe, die für die verschiedenen Schritte gewählt wurden, alles andere als intuitiv. Mit diesem Artikel hoffe ich ein bisschen Klarheit in den Begriffsdschungel zu bekommen. 

Es beginnt immer erstmal damit, dass geklärt werden muss, ob körperliche Ursachen vorliegen, dann ob eine ambulante Therapie mit dieser Therapiemethode die beste Behandlung ist oder ob eine andere Behandlung sinnvoller wäre.

In jedem Fall wichtig: Ausschluss körperlicher Ursachen

Egal welche dieser Therapieformen durchgeführt werden, ist es wichtig, ihr Kind beim (Kinder-)­Arzt untersuchen zu lassen. Sie bekommen hierfür bei Bedarf eine Überweisung vom Therapeuten mit. Manchmal können psychische Probleme Anzeichen einer körperlichen Erkrankung sein
(z. B. Frühsymptome einer Parkinson-Erkrankung). Durch die Untersuchung stellen Sie sicher, dass hinter den psychischen Symptomen keine körperliche Erkrankung liegt. Der (Kinder-)­Arzt schickt dem Therapeuten dann seinen Befund zu oder gibt den Befund Ihnen direkt mit. Dieses Schreiben wird auch somatischer Befund oder Konsiliarbericht genannt.

Runde 1: Erstabklärung “Psychotherapeutische Sprechstunde”

Einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde bekommt man entweder indem man mit dem Therapeuten telefoniert, online Termine bei einem Therapeuten bucht oder indem man sich an die 116117 wendet (s. nachfolgendes PDF).

 

In dem ersten Treffen macht sich der Therapeut einen Eindruck von Ihrem Kind und seinen Problemen. So ein bisschen kann man das damit vergleichen, wie wenn man zum Hausarzt geht. Der guckt einen auch erstmal an und überlegt dann, ob er einen selbst behandelt oder zu einem anderen Spezialisten schickt. Da man von Eltern nicht erwarten kann, dass sie wissen, welche Hilfemöglichkeiten es für Kinder- und Jugendliche mit Probleme gibt, steht hier der Therapeut zum einen natürlich diagnostizierend, aber eben auch erstmal beratend zur Seite. Am Ende des Gesprächs klären Sie gemeinsam, wie es weitergehen könnte: Kann eine Therapie bei den Problemen Ihres Kindes helfen?  Oder ist eine andere Hilfemaßnahme zielführend? Wenn eine Psychotherapie notwendig ist, ist die Therapietechnik, die der Therapeut anwendet, die richtige oder braucht es eine andere? Brauchen Sie und der Therapeut noch eine Sprechstunde um zu klären, wie es am besten weitergeht? Sobald klar ist, wie es für ihr Kind am besten weitergeht, bekommen Sie das nochmals schriftlich in Form des sog. PTV11 Formulars. Am Ende sollten Sie wissen, ob ihr Kind eine Therapie braucht und wo sie sich ggf. alternativ hinwenden können. Hier ist Runde 1 in Normalfall beendet. 

Allerdings gibt es zwei Ausnahmen:

  1. Wenn Ihr Kind stationär in einer Klinik war, brauchen Sie nicht mehr unbedingt eine Sprechstunde. Sie können diesen Schritt überspringen.
  2. Wenn ihr Kind unverzüglich Unterstützung benötigt, weil es z.B. starke Suizidgedanken hat, dann ist eine Akuttherapie sinnvoll. Dies sind 12 Therapiesitzungen, die ohne Genehmigung der Krankenkasse begonnen werden können. Die Akuttherapie soll bei akuten Krisen entlasten. Sollte sich im Rahmen der Akuttherapie herausstellen, dass Ihr Kind noch weiterführend Hilfe benötigt, dann kann im Anschluss eine Kurz- oder Langzeittherapie beantragt werden. Das kann unter Umständen nochmal mit Wartezeiten verbunden sein. Die Stunden der Akuttherapie werden im übrigen in die Gesamtstundenzahl für Kurz- oder Langzeittherapie mit einberechnet.

Runde 2: Psychotherapie “Probatorik, Kurz- und Langzeittherapie”

Bei der Suche nach einem Therapieplatz hilft Ihnen die Terminservicestelle Psychotherapie der KVB bzw. die Koordinationsstelle Psychotherapie (Tel.: 0921-8809940410) weiter. 

Probatorik

In der Probatorik erarbeitet man gemeinsam ein vertieftes Bild der Erkrankung und plant gemeinsam die Therapie. Dazu sind mindestens zwei bis maximal 6 Kennenlernsitzungen, sog. Probatorische Sitzungen, möglich. Gleichzeitig lernen Sie als Familie den Therapeuten weiter kennen. Wenn Sie und Ihr Kind den Eindruck haben, dass Sie bei dem Therapeuten gut aufgehoben sind und der Therapeut denkt, dass er Ihnen gut helfen kann, können Sie eine Kurz- oder Langzeittherapie beantragen.

Braucht Ihr Kind Psychotherapie, aber Sie finden keinen Psychotherapieplatz bei einer Praxis mit Kassenzulassung? Möglicherweise kann Ihnen das Kostenerstattungsverfahren weiterhelfen…

Kurzzeittherapie

Bei der Kurzzeittherapie beantragt ihr Therapeut erstmal 12 Sitzungen bei ihrer Krankenkasse. Hierfür bekommen Sie die Beantragungsunterlagen vom Therapeuten mit, die Sie bitte ausfüllen und ihm wieder mitbringen. Sie müssen nichts selbst an die Krankenkasse schicken. Damit das möglichst reibungslos läuft, erledigt das der Therapeut für Sie. Die Krankenkasse hat, sobald der Therapeut die Unterlagen losgeschickt hat, dann 3 Wochen Zeit um die Therapie zu genehmigen. Sie bekommen hierfür einen Brief, der Ihnen mitteilt, ob die Therapie genehmigt wurde. Sollte nach den 12 Sitzungen weiterer Behandlungsbedarf bestehen, kann der Therapeut zusammen mit Ihnen entweder nochmals 12 Sitzungen Kurzzeittherapie oder eine Umwandlung in eine Langzeittherapie beantragen. Auch hier können Sie allen Papierkram, den sie ausfüllen müssen, einfach wieder Ihrem Therapeuten mitbringen. Auch hier übernimmt der Therapeut die Beantragung. 

Langzeittherapie

Eine Langzeittherapie beantragt man, wenn die Erkrankung ihres Kindes so schwerwiegend ist, dass eine Kurzzeittherapie wahrscheinlich nicht ausreichen wird. Hier möchte die Kasse gerne wissen, ob die Erkrankung wirklich so schwer ist. Die Kasse schaltet hierfür einen Gutachter ein. Für Sie macht das allerdings bei der Beantragung keinen Unterschied. Sie füllen einfach die Unterlagen aus, die Ihnen der Therapeut  mitgibt und bringen sie ihm wieder. Für den Therapeuten bedeutet es dagegen etwas mehr Arbeit. Zur Beantragung der Langzeittherapie muss der Therapeut dem Antrag auf Therapie an die Krankenkasse – in einem separaten, verschlossenem Umschlag – einen anonymisierten Bericht für einen Gutachter beilegen. Dieser Bericht enthält folgende Angaben:

  • Vorstellungsanlass
  • Lebensgeschichte (Eigen- und Fremdanamnese)
  • aktuelle Lebenssituation und bekannte Erkrankungen in der Familie (Sozial- und Familienanamnese)
  • Wo zeigt das Kind im Denken und Handeln Anzeichen einer psychischen Erkrankung (Psychopathologischer Befund)
  • Ergebnisse der Fragebögen und psychologischen Tests (Testdiagnostik)
  • Körperliche Erkrankungen (somatischer Befund, s.a. oben)
  • Wie funktioniert die Störung und wie ist die Störung entstanden? (Verhaltens- und Bedingungsanalyse)
  • Diagnosen (Multiaxiale Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters)
  • Therapieziele
  • Behandlungsplan

Auf dem Bericht eine Chiffre (aber keine persönlichen Daten), die auch die Krankenkasse erhält.  Der Gutachter entscheidet aufgrund des Berichts, ob die Langzeittherapie von der Krankenkasse für diese Chiffre zu bewilligen ist. Dies teilt er der Krankenkasse mit. Durch die Chiffre ist sichergestellt, dass die Krankenkasse keine sensiblen Informationen über ihr Kind und ihre Familie erhält. Der Gutachter dagegen kann den Bericht niemandem zuordnen. So sind ihre Daten geschützt. 

Da hier deutlich mehr Arbeit hinter der Genehmigung der Therapie steckt, hat hier die Krankenkasse auch nochmal mehr Zeit, um die Therapie zu genehmigen. Aber auch hier bekommen Sie wieder einen Brief, ob die Genehmigung geklappt hat.