Mit Corona ist die Anzahl der Kinder, die von einer Essstörung betroffen sind, in die Höhe geschnellt. Die ständige Berieselung von Selbstoptimierungstipps auf Social Media hat ihre Spuren in den kindlichen Gehirnen hinterlassen. Das Märchen, dass, wenn ich nur hübsch genug bin, sich all meine Probleme lösen, weil ich dann endlich selbstbewusst bin, hat jeden Sinn für Realität bei unseren Kids schwinden lassen.
Selbstoptimierung verkauft sich. “Wenn Du nur hart genug arbeitest, löst Du alle Probleme” verkauft sich einfach besser als “Egal wieviel Du Dich anstrengst, es wird immer Menschen geben, die dich nicht mögen werden und immer Situationen, in denen Du hilflos und verzweifelt sein wirst.”.
Influencer präsentieren sich als Freunde, vermitteln das Gefühl, dass jeder Follower wichtig ist und mit dem geheuchelten Gefühl des Verständnisses sickert das schleichende Gift der Selbstoptimierung in die Herzen unserer Teenager. Nicht weil es Böse gemeint ist, sondern weil es sich halt gut verkauft und Klicks bringt.
Aber nicht nur Influencer wiederholen dieses Narrativ der Selbstoptimierung. Ein nicht zu unterschätzender Teil von Journalisten greifen diese Botschaft genauso unreflektiert auf und verbreiten sie via Boulevard-Zeitschrift in die Welt. Von GNTM wollen wir gar nicht reden….
Und diese Werbebotschaft wäre in Ordnung, wenn sie als solche gekennzeichnet würde und auf Risiken zuverlässig hingewiesen würde. Wir alle wissen, dass Milchschnitte nicht das beste aus der Milch enthält, auch wenn die Werbung das sagt. Aber die Tatsache, dass vorher ein Bild mit “Werbung” darauf kommt, sagt uns, dass wir die folgenden Informationen nicht zu ernst nehmen sollten. Aber so ist das bei Zeitschriften und in Social Media nicht.
Und da sind sie nun, unsere Pubertiere, die zutiefst verunsichert sind, weil ihre Hormone gerade Tango tanzen und man ihnen gesagt hat, dass man diese Probleme lösen kann, wenn man nur hübsch und diszipliniert genug ist.
Jetzt kann man Influencern und Journalisten vielleicht eine leicht dümmliche Naivität unterstellen, wenn sie in Zeiten von steigenden Essstörungen, weiter über den allgemeinen Nutzen von Abnehmen und Fitness schwadronieren. Dass Schlank sein vielleicht dem gesellschaftlichen Idealbild entspricht, aber wissenschaftlich gesehen, vielleicht gar nicht das gesündeste ist, ist da irrelevant. Aber diese naive Dümmlichkeit hat katastrophale Auswirkungen. Denn von #Fitspirations geraten unsere Kids dank der Social Media Algorithmen schnell auf #Thinspirations, von dort auf auf #ProAna und #ED. Und jetzt geht es nicht nur um eine Essstörung. Der Stern hat bereits 2015(!), also vor 7 Jahren darauf hingewiesen, dass ProANA und ED-Foren und Chats Pädophile anlocken, die die Jugendlichen dabei unterstützen weiter abzunehmen und dafür Nacktbilder von ihnen fordern.
Und damit machen sich Influencer und Journalisten, ob sie es wollen oder nicht, zu Handlangern. Sie erhalten ein System mit aufrecht, das wissenschaftlich wahrscheinlich falsch ist, unseren Kindern massiv schadet, unsere Kinder krank macht und Pädophilen in die Hände spielt. Nicht mit Absicht, aber eben das Risiko in Kauf nehmend.